Mundstuhl – Sonderschüler: Und jetzt?

Hey Bernd, wir haben aber nur 10 Minuten Zeit, so war die Antwort auf die Frage, ob wir ein Interview machen können. Natürlich hatten wir Verständnis dafür und freuten uns über diese 10 Minuten, es war richtig Stress an diesem Abend, 40 Künstler….

Aus diesen 10 Minuten wurde dann eine unglaublich entspannte Stunde in der wir uns alle köstlich amüsiert haben. Es mutete schon fast an, wie zwei Komiker mit einem solchen Kaliber auf einmal in sich gehen können um nach Antworten zu suchen. Mit Mundstuhl sitzen einem da zwei Menschen gegenüber mit denen man ebenso in der Kneipe sitzen könnte, um einfach ein Bier zu trinken und ein Schwätzchen zu halten. So bodenständig, ehrlich und zuvorkommend.

Von Starallüren nicht mal ein Ansatz, es sind einfach nur der Ande und der Lars, die da mit am Tisch sitzen und zwischen drin auch immer wieder einmal ihre Späße machen. Nicht um abzulenken oder einfach dumme Sprüche zu platzieren, nein, einfach weil sie das Leben was sie sind: Ehrliche lustige Komiker.

kr: Es gibt heute soviel Komiker und der Markt scheint nicht gesättigt, aber Mundstuhl…die sind immer da. Ihr seid schon lange im Geschäft und immer noch sehr beliebt und erfolgreich. was ist das Geheimnis?

Mundstuhl: Man muss unterscheiden zwischen TV Comedy und Live Komik. Auch wenn wir im TV gerne mitmachen, ist unser Kerngeschäft das Livegeschäft. Eine Tournee hat 150 Städte zwischen Flensburg und Bozen und das machen wir schon seit 12 Jahren, dabei sind wir nie abgehoben.

Bei unseren Fans genießen wir einen sehr guten Ruf was Livegigs angeht.

Ande: Wir sind ganz normale Menschen geblieben, man kann nicht sagen: Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Die Nähe zu unserem Publikum, mit dem wir uns auf Augenhöhe bewegen,  ist etwas was wir wirklich brauchen, davon leben wir.

kr: Wie fing das alles an mit euch?

Mundstuhl: Wir kennen uns seit 1995, also vor 15 Jahren. Lars und ich sind Musiker und spielten in 2 verschiedenen Hardrock Bands. Aber im Gegensatz zu anderen haben wir uns gut verstanden. Exotic Blow Job (Ande) und wir, die Automatik (Lars) gingen dann sogar gemeinsam auf Tour. Das war definitiv ein finanzielles Debakel.

Lars: Wir beschlossen dann, parallel dazu Comedy zu machen. Es war sehr lustig! Die Tour war im Dez. 95 zu Ende und im Februar 96 rief ich Ande an und sprach auf seinen Anrufbeantworter „Ey lass uns Comedy machen“.

Ande: Ich hatte seit 6 Jahren kein Telefon und der Lars hatte echt Glück, denn ich hatte erst 4 Monate ein Telefon und war daher erst erreichbar.

Lars: Alles war von Anfang an so zielgerichtet und wir waren uns irgendwie echt sehr schnell darüber im Klaren, dass es was werden könnte. Wir haben uns fast immer bei mir getroffen und über mehrere Monate wirklich professionell an Gags gearbeitet (unter anderem am im Römerbrunnen Biergarten).

Ande: Ich hatte Karten für Stomp und war verabredet, aber nach den Weizen waren wir lieber weiter am Arbeiten und haben dabei echt coole Sachen kreiert.

Lars: Wir schliefen oft bei mir. Wir waren pleite und der Ande war sogar schon im Minus. Es war wirklich letzte Eisenbahn was auf die Reihe zu bekommen. Auch unsere Eltern hatten sich schon beschwert. Wir haben dann eine CD im Low Budget produziert und die dann an diverse Plattenfirmen geschickt.

Kurz danach kam dann noch eine Radiosendung dazu bei Radio-X, wodurch wir Ende 1996 auch unseren Ruf etwas ausbauen konnten.

1997 sassen wir dann plötzlich bei Sony. Die Evelin Junker war uns sehr wohl gesonnen und wollte uns signen (unter Vertrag nehmen). Sie nannte uns einen Betrag ,der uns umgehauen hatte. Wir hatten plötzlich einen Majordeal und konnten das gar nicht fassen. Unsere CD umfasste nur 28 Minuten an Sketchen, was natürlich viel zu wenig war. Sony bat uns, dass Ganze auf mindestens 40 Minuten zu bringen. Wir waren natürlich hochmotiviert und lieferten am Ende 52 Minuten. Die CD verkaufte sich dann unglaubliche 180.000 mal.

Dann ging der Hype los mit Dragan & Alder …. und ab dann ist alles Geschichte. Wir haben halt einfach weitergemacht und „durchgehalten“, Songs geschrieben und immer weiter an den Sachen gearbeitet, sogar Videos liefen auf VIVA… Wir stellten uns breit auf und dadurch ist unser Erfolg so gewachsen, wie er heute ist.

httpvh://www.youtube.com/watch?v=-fag2lKv8iI

kr: Habt ihr euch damals vorstellen können, dass ihr mal so erfolgreich sein würdet?

Lars: Der Ande war da immer optimistischer als ich.

Ande: Es kommt immer drauf an, wo man hinmöchte. Wir wollten davon leben können und alles andere was extra kam, war eigentlich wirklich schön.

Lars: Ich wollte nicht mehr bei einer Bank arbeiten, da war ich schon 4 Jahre und es war grauenhaft.

kr: Viele eurer Sketche haben irgendwie einen tieferen Sinn, auch wenn man das nicht auf Anhieb vermuten mag beim ein oder anderen. Man bekommt auch oftmals das Gefühl, hier sollen auch mal gezielt Giftpfeile und Seitenhiebe verteilt werden. Ist das denn auch so gewollt?

Mundstuhl: Ja, auf jeden Fall, so wollen wir das auch und so ist es gewollt.

kr: Unsere Leser interessiert sicherlich wie sich so ein Sketch aufbaut, passiert das spontan oder kann man sich das so vorstellen wie mit einem Song? Die Idee ist geboren und es fängt an zu wachsen und zu reifen?

Lars: An diese Sachen gehen wir sehr vielfältig heran. Den endgültigen Schliff bekommen die Sketche ganz zum Schluss. Tatsächlich ist es so, dass wir auf der Bühne, durch die Reaktionen im Publikum erkennen, wo wir das ein oder andere noch verbessern und optimieren könnten. Vorher sind sie schon bei 90%, aber wo die Leute sich dann so richtig kaputt lachen, dass bekommt man erst auf der Bühne weg.

Ande: Ein Gag kann auch mal komplett rausfallen. Wenn wir merken, der kommt einfach nicht so an, wie wir uns das vorgestellt oder gewünscht hatten, dann entscheiden wir auch schon mal so.

Wir hatten einen Sketch, 56% das war einfach die Speisekarte beim Italiener und so entstand es auch. Dieser Sketch wuchs dann immer weiter, zum Teil halt auch genau auf der Bühne.

Lars: Wir setzen uns hin beim Ande, 2-3x die Woche, treffen uns am frühen Nachmittag, stellen einen Kasten Bier in den Kühlschrank, genießen die Sonne, sitzen im Shirt auf der Terrasse und arbeiten die Sketche auf.

Richtig alt, mit Blatt und Papier, und so ein Prozess ist 6-8 Wochen, danach katalogisieren wir und sortieren die Sachen ein zu Dragan und Alder, zu Songs….

Ande: Es ist einfach ernsthafte und seriöse Arbeit, die halt Spaß macht. Und bei der wir auch – wie viele – gerne ein Bier dabei trinken.

Lars: Bis auf die Bänker, die koksen halt! 🙂

kr: Im Moment läuft euer neues Programm „Sonderschüler“. Gibt es hier schon ein Feedback? Verläuft es so, wie ihr es euch vorstellt?

Mundstuhl: Besser! Das muss ich (Lars) eindeutig sagen, als bei de letzten Tour , Höchststrafe (CD+DVD). Man weiss nie warum oder wie es zustande kommt, aber wir hatten damals Anlaufschwierigkeiten, da musste das Programm kurzerhand komplett umgestellt werden. Dieses Mal war die Vorbereitung super und das Programm funktioniert fast von Anfang an so, wie wir es uns vorgestellt hatten.

Natürlich mussten und wollten wir auch bei dem neuen Programm das ein oder andere Nachbessern, aber hier war es in einem Rahmen, den man gar nicht wirklich wahrgenommen hatte. Nach nur 2 Wochen war es topp und die Resonanz ist spitze.

kr: Wir bereitet ihr euch vor? Musiker spielen zusammen und studieren die Songs ein. Aber bei einem Sketch? Es wirkt alles so spontan und improvisiert. Natürlich sollt ihr hier keine Geheimnisse verraten, aber die Frage juckt trotzdem.

Mundstuhl: Wir schreiben unser Programm am grünen Tisch zusammen und dann gehen wir unter anderem Namen in sehr kleine Clubs, in die nicht mehr als 80-100 Leute hineinpassen. Dort probieren wir dann unser Programm aus -mit Notenblättern und Text auf Blättern zur Vorlage.

Wir hießen die ganzen Vorbereitungsgigs „Wurstwasser„, aber der Name ist nun leider bekannt und das wollen wir nicht, denn wir wollen vor Leuten spielen die unbedarft sind. Daher werden wir uns nun umbenennen. Innerhalb  von 10 Tagen machen wir so fünf Auftritte, die wir danach analysieren und aufgrund dessen unser Programm ausarbeiten. Neue Sketche kommen dann hier und da rein und andere fallen einfach wieder raus.

Lars: Das macht auch super Spass, für die Leute ist es der Hammer und für uns ist es auch gut. Wir haben dadurch überhaupt keinen Druck. Ein Programm am grünen Tisch zu schreiben ist nahezu unmöglich, von daher ist es so der beste und natürlich auch richtige Weg.

kr: Zu eurer Bühnenkleidung, die ist so scharmvoll und sexy, sucht ihr euch das selbst aus?

Ande: Ja beim KiK. Wir kaufen alles beim KiK, kein Witz. Oder gerne so Sachen wie Ohrringe, Anstecker, auch das kaufen wir nur in 1 Euro- und Ramschläden… es muss einfach billig sein. Die Anmutung muss stimmen und es muss halbwegs wie ein Kleid aussehen.

Lars: Die Bomberjacken hatten wir sogar bei African Race in Südafrika an -was im übrigen die geilsten 3Wochen unserer Karriere waren-. 21 Tage waren wir dort und haben das alles dort sehr genossen. In Kapstadt haben wir uns super amüsiert. Südafrikanischen Roulette… 🙂

kr: Man hört eure Stimmen ja mittlerweile nicht mehr nur im Radio oder auf CD, auch Disney hat euren Scharm und Witz erkannt, wie kam es dazu, dass ihr Synchronstimmen mimt?

Mundstuhl: Wir wurden angefragt. Im Grunde  war das ein ganz normaler Vorgang, unser Management bekam die Anfrage und wir waren sofort begeistert und haben zugesagt. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht. Wir freuten uns auch riesig darüber und hatten da echt“ Bock“ drauf. In dem Film Tinkerbell geben wir unsere Stimmen den Brückentrollen.

kr: Zum Thema Haiti und warum ihr heute hier seid. Es ist ganz schlimm, was dort passiert ist. Wie seht ihr den Spagat zwischen Komik und dieser Sache, passt das? Könnt ihr denn die Brücke schlagen oder ist es eher auch ein „mulmiges“ Gefühl?

Mundstuhl: Es ist überhaupt kein Spagat, es geht darum Geld zu generieren für diese Menschen und wenn wir dazu beitragen können, dann ist das der Sache absolut gerecht.

Lars: Da müsste sich das jeder Künstler fragen, der hier ist, ob seine Texte oder Lieder überhaupt zu diesem Thema passen würden.

kr: Woher kennt ihr den Rolf?

Mundstuhl: Mit dem Rolf, der geilen Rampensau, haben wir schon so einigen Spaß gehabt. Wir kennen uns schon viele Jahre und laufen uns auch immer wieder über den Weg. Und es macht jedes Mal richtig Spaß!

kr: Wir danken Euch, dass ihr euch die Zeit genommen habt für uns und wünschen euch weiterhin solch unglaublichen Erfolg.

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