Julia Neigel und Edo Zanki im Interview
Es gibt Tage, da kann es eigentlich nicht mehr besser laufen. Nachdem wir das unglaublich gute Konzert von Julia Neigel & Edo Zanki besuchen durften, wurde uns eine noch größere Ehre zu teil: wir hatten beide an einem Tisch zum Interview.
Wenn man in seinem Leben zwei so charismatische Menschen zusammen an einem Tisch sitzen hat, kommen einem unweigerlich viele Gedanken in den Kopf und man merkt auf einmal, dass die vorbereiteten Fragen eigentlich gar nicht ausreichen, um seine eigene Neugier zu stillen.
Das Konzert ging gute zwei Stunden und Julia hatte über die gesamte Zeit auf der Bühne gerockt, zum Ende hin sogar ohne Schuhe um noch mehr mitgehen zu können. Aber auch Edo hatte so ausgiebig gesungen und auf seine Art ebenso gerockt und damit das Publikum nicht minder in seinen Bann gezogen.
Wir saßen also im Rampenlicht und warteten auf die Beiden, die Spannung natürlich schon sehr groß. Was würde uns erwarten und wie wird dieses Interview verlaufen? Sind die Beiden solche Gegensätze wie auf der Bühne? Gegensätze die sich doch aber auch so unglaublich harmonisch ergänzen und zu einem „Gesamtpaket“ verschmelzen.
Wenn also zwei so unterschiedliche Menschen wie Julia Neigel und Edo Zanki zusammen eine Tour mit 12 Auftritten quer durch Deutschland machen, dann muss man unweigerlich auch zunächst genau diese Fragen stellen.
kr: Julia und Edo, zwei so unterschiedliche Musiker die man in Deutschland schon über so viele Jahre kennt, gehen zusammen auf eine Tour und stellen bundesweit ein so professionelles Konzert auf die Beine, wie kam es dazu, wer von euch hatte die Idee dafür?
Edo: Joerg Dudys ist einer meiner engsten Freunde (a.d.R.: Er ist der Gitarrist) und witziger Weise spielt er nicht nur ebenso in Julias Band, sondern auch die beiden sind sehr gute Freunde. So haben wir über Joerg immer hin und her berichtet, wo wer steht und was der jeweils andere gerade am Laufen hat. Mich hat es dabei immer ganz besonders gefreut zu sehen, dass Julia ihren Weg macht und sich nicht durch die negativen Einflüsse von aussen beirren lässt. Sowohl Julia als auch ich gehen nie zu einer Session, aber Joerg schaffte es irgendwie doch, uns beide zu überreden.
Julia: Oh ja! Ich war total happy als ich hörte, das Edo mit dabei sein würde, was ja im Grunde auch der ausschlaggebende Grund meiner Zusage war. Für mich war es ganz aufregend, endlich mal mit Edo bei so etwas gemeinsam auf der Bühne zu stehen, denn er ist für mich einer der ganz großen Musiker überhaupt.
Edo: (Lächelt) Oh, ich erinnere mich nur zu gut an diesen Abend. Alles war so eng auf der Bühne und Julia tanzte immer wieder um mich herum. Ich musste immer wieder darüber nachdenken, ob ich denn am Ende mit einem Feilchen von der Bühne gehen würde. Und genau an diesem Abend, auf dieser Bühne, da war die Idee auf einmal geboren, wir beide waren uns schnell einig darüber, dass man so etwas noch ganz anders aufziehen könnte und auch in einem größeren Rahmen.
Wenn Menschen mit dir auf der Bühne stehen, die dieselbe Sprache sprechen und dieselben Ansprüche und Qualität haben, die auch ich an mich selbst stelle, dann hat man auf einmal die allerbesten, ja nahezu perfekten, Voraussetzungen um richtig gute Musik zu machen. Und dieses Gefühl hatten wir einfach beide nach dieser Session.
kr: Wie habt ihr euch dann auf diese Tournee vorbereitet?
Edo: Das ist relativ einfach. Im Grunde haben wir effektiv zwei Tage geprobt. Jedoch sind wir alle, wie wir da auf der Bühne gemeinsam arbeiten und musizieren, Vollblutmusiker. Und jeder einzelne von uns hat seine eigenen hohen Qualitätsansprüche. Ich muss das nicht 300 Mal durchkauen, denn ich habe die richtigen Leute um mich herum, die eben ein solches Projekt wie das unsere mit demselben Ernst leben wie die Julia und ich.
Julia: Ja, das stimmt! Wir haben alle, wie wir da auf der Bühne standen, denselben hohen Anspruch an uns selbst. Und glücklicherweise leben wir diesen dann auch.
Edo: Wir haben so gute und hochprofessionelle Musiker dabei, da erwarte ich das auch einfach.
Julia: In der Tat gibt es eigentlich sehr wenig abzusprechen. Am Tag nach dem Auftritt besprechen wir, was richtig gut ankam und was vielleicht nicht ganz so geklappt hat, wie wir uns das alle vorgestellt haben. Wir suchen dann gemeinsam nach neuen Ideen, arbeiten das aus und bereiten uns dann dementsprechend auch auf den nächsten Abend vor.
kr: Mittlerweile hattet ihr auf der Tour 6 Stationen, 6 weitere folgen noch. Es ist also sozusagen „Halbzeit“ und Zeit ein erstes Fazit zu ziehen. Wie gefällt es euch beiden?
Julia: (strahlt richtig) Ich fühle mich dem Edo ganz nahe, es macht so unheimlich Spaß, mit ihm auf der Bühne zu stehen und gemeinsam zu musizieren. Wir verstehen uns blind auf der Bühne, es bedarf keinerlei Zeichen oder Worte.
Edo: Ich habe die ersten 15 Jahre meiner musikalischen Laufbahn am Klavier gesessen, also eher sehr ruhig. Julia hingegen flitzt mit soviel Elan über die Bühne, wir ergänzen uns hier wirklich sehr gut. Wir sind im Grunde genommen ein guter und doch sehr interessanter Gegensatz. Inzwischen gibt es zwischen uns beiden eine große menschliche Verbundenheit und ein absolut intuitives musikalischen Verständnis.
Über vieles müssen wir gar nicht erst reden, die Julia weiss genau, wann sie die zweite Stimme machen soll und wann sie das Kommando hat. Eine Julia Neigel muss sich gar nichts von der Julia und ein Edo Zanki nichts vom Edo abschminken, hier können beide sie selbst sein ohne sich verstellen zu müssen, dass eben macht es so einzigartig für uns beide, hier gemeinsam auf der Bühne zu stehen. Man spürt die Gemeinsamkeiten und dass die Auswahl des Programmes großes Glück (im Sinne von glücklich) für uns beiden ist.
Julia: Ich könnte euch stundenlang meine Gefühle beschreiben und was in mir vorgeht, wenn der Edo auf der Bühne steht und da alleine singt. Das ist SO grandios, so wunderschön – selig emotional. Mit diesem Sanftmut und mit dieser Zärtlichkeit. Wenn der Edo meinen Song singt, erkenne ich erst immer wieder, wie schön der eigentlich ist, er gibt dem Song nochmals ein ganz anderes Gefühl. Wenn ich so drüber nachdenke, so etwas in dieser Art ist mir noch nie vorher passiert, dieses blinde Wissen, was jeder vom anderen will.
kr: Mannheim – die Stadt die für euch ein Heimspiel ist. Ist das etwas besonderes für euch oder ist es eher wie jeder andere Auftitt?
Juila: Es ist nicht so, dass wir hier in Mannheim plötzlich auf eine andere Art und Weise Musik machen, Musik ist Musik – egal wo. Aber die Mama ist da, die Freunde und Famile, eben Menschen, die einem persönlich sehr wichtig sind, da ist es am Ende doch noch mal ein anderes Feeling. Aber auch die Konzerte in Aschaffenburg oder den anderen Orten waren wirklich toll!
Edo: Es ist deine Heimat Juila, hier warst du schon damals erfolgreich! und hier haben sie dir in die Kniekehlen getreten! Quatschen können viele, aber singen und ihr Ding machen und für eine Sache stehen… das ist die beste Antwort, die du geben konntest und kannst. Daher war es heute und hier natürlich etwas sehr schönes und besonderes.
kr: Was war für euch beiden ein besonderes Highlight?
Julia: Heute war der ganze Abend ein Highlight, das muss man einfach so sagen. Aber natürlich gab es andere schöne Momente über die ganzen Auftritte.
Edo: Für mich ist es ein ganz besonders großer Moment, wenn wir gemeinsam auf der Bühne stehen und ein Duett singen und da war die Nummer „Heut Nacht“ von Spliff für mich DAS Highlight des Abends.
kr: Ihr seid beide so lange im Geschäft, was hat euch dazu bewegt, Musiker bzw. Produzent zu werden?
Edo: Als ich 8 Jahre alt war wusste ich schon, dass ich Musik unheimlich liebe und die Musik hat mich dann auch noch zurückgeliebt. Und das war es auch schon, damit war es gelaufen um „uns“ 🙂
Julia: Mit 5 kam ich nach Deutschland, man hatte große Zweifel, dassich eingeschult werden könnte. In einem Test wurde mir dann gesagt, dass ich musikalisch hochbegabt sei und das man das fördern müsse. Meine Mama wurde darauf angesprochen und hat mich – wofür ich ihr unbeschreiblich dankbar bin! – unterstützt. In den ersten Wochen war auch ich total interessiert und habe Blockflöte begonnen.
Edo: Ahja! Aber damit singts sich doch sehr schlecht im Mund! 🙂
Julia: Im Gegensatz zu vielen anderen Kids hatte ich keine Idole. Plakate im Zimmer aufhängen war nie mein Ding und Musik war zu keiner Zeit eine Schwärmerei für mich sondern etwas, was ich ernsthaft betreiben wollte. Der Song „Yesterday“ von den Beatles war der Grund, warum ich dann unbedingt lernen wollte, zu singen. Später kamich über Queen zu Police bis ich am Ende dieser „Reise“ bei den großen Soulstars angelangt war und da wusste ich: So will ich das auch können wie die.
Edo Zanki und Peter Maffay sind im Übrigen große Musiker, die mich früher schon in meinem musikalischen Werdegang beeinflusst haben.
kr: Edo, mit welchem Musiker würdest du gerne, oder könntest du dir vorstellen, noch einmal so ein Projekt wie gerade dieses mit der Julia durchzuziehen?
Edo: Grundsätzlich kann ich mir das mit so ziemlich jedem Künstler vorstellen. Was oder wer das aber so genau sein würde, kann ich gar nicht sagen. Meine Arbeit als Produzent ist da ganz ähnlich, ich versuche zu spüren, was der Künstler möchte, greife hier und da auch mal ein oder singe sogar vereinzelt mit. Jedoch gemeinsam auf der Bühne zu stehen, dass ist eigentlich erst nach einer Produktion bisher der Fall gewesen.
Mit Xavier Naidoo habe ich aus Ermangelung der Sänger sehr viel auf dem ZION Album eingesungen. Er bat mich damals dann mit der Band, das erste Jahr auf Tour zu gehen – und das habe ich dann auch gemacht.
Ich bin gut darin, andere Menschen zu „erspüren“ und bin sehr froh über diese Gabe. Wenn wir gemeinsam auf der Bühne stehen, ist keiner der größte, alle sind auf einem Level. Musik ist eine grope heilige Sache. Wenn man zusammen auf der Bühne Musik macht, dann nur aus den richtigen Beweggründen, das ist mir sehr wichtig.
Man ist ein Medium für diese große Sache, man muss erkennen, dass man ein Teil von etwas wird und sollte sich dann unbedingt zurücknehmen, sich selbst nicht so wichtig nehmen.
kr: Was plant ihr ausserhalb dieser Tour als nächstes? Können wir ein neues Album erwarten oder gibt es andere Planungen?
Juila: Ich mache nun erst einmal mein Album fertig, aber vielleicht kommt da auch noch mehr mit uns beiden zusammen, vorstellbar wäre es auf jeden Fall für mich.
Edo: Wir können und wollen im Moment gar nichts ausschließen. Dinge, die sich von selbst ergeben, sind viel besser. Wir planen nicht was wir evtl. in der Zukunft noch miteinander machen werden. Wir lassen die Sache, aus gutem Grund, nun erstmal so weiterlaufen und nach den 12 Stationen auch auslaufen. Die Julia hat nun einige Jahre an ihren neuen Songs geschrieben für ihr kommendes Album und ich selbst arbeite auch gerade an einem Nachfolgealbum.
Wir beiden müssen nicht unsere Straße verlassen, zwar sind die nicht identisch, aber es gibt da viele Überschneidungen. Es könnte also gut sein, dass wir das Ganze in der einen oder anderen Form nochmals aufleben lassen, wir sind mit einer tiefen Freundschaft verbunden, da ist vieles denkbar und möglich.
Julia: Ich habe im Edo einen so wunderbaren Freund gefunden, dass ist ein riesen Geschenk für mich. Glücklicherweise darf ich dann auch noch mit diesem Menschen arbeiten, dass ist so viel Glück.
kr: Vielleicht ein gemeinsames Album?
Beide: Im Moment ist da nichts geplant, aber wer weiss was noch kommt.
_ ENDE _
Wir bedanken uns bei diesen beiden wunderbaren Menschen, dass wir einen Abend lang in deren Welt unterwegs sein durften. Ein weiterer ganz großer Dank geht an Holger Orf, der uns das Interview erst ermöglicht hat.