In dieser Zeit – Bernd Korz’ stille Revolution zwischen Dialekt und Universum
Es gibt Lieder, die man nicht hört – sondern erlebt. Lieder, die sich wie ein vertrautes Schweigen anfühlen, das plötzlich Worte findet. Bernd Korz’ neuer Track „In dieser Zeit“ ist so ein Moment: ein musikalisches Stillhalten, das mehr sagt als tausend Schreie. Gleichzeitig auf Hochdeutsch und Pfälzisch veröffentlicht, wird der Song zur doppelten Hymne – an das Ausharren, an die ungesagten Dinge, an die stille Kraft, einfach da zu sein. Und genau das macht ihn so radikal ehrlich.
Zwei Sprachen, eine Wahrheit
Korz, der Grenzgänger zwischen Literatur und Lied, zwischen Schmerz und Schönheit, beweist einmal mehr, dass Mehrsprachigkeit kein Stilmittel ist, sondern Notwendigkeit. „Kalter Kaffee, leerer Stuhl / Alles wie immer, still und kühl“ – die hochdeutsche Version wirkt wie ein lyrisches Geständnis, klar und universell. Doch im Pfälzischen wird dieselbe Zeile zu etwas Körperlichem, fast Greifbarem. Der Dialekt trägt hier nicht nur den Text, sondern die Emotion selbst: die Wärme der Heimat, die Schwere der Stille, den Schmerz, der im Hochdeutschen vielleicht zu glatt klingen würde.
„Manche Dinge klingen im Dialekt nicht nur anders – sie fühlen sich anders an“, sagt Korz. Und genau das ist der Clou: „In dieser Zeit“ ist kein Song, den man übersetzt. Er ist ein Gefühl, das in zwei Sprachen gleichzeitig existiert – wie ein Blick, der je nach Perspektive anders bricht, aber immer derselbe bleibt.
Die Kunst des Schweigens
Musikalisch ist der Track eine Studie in Reduktion: sanfte Gitarrenakkorde, ein Klavier, das wie ein Atemzug klingt, und Korz’ Stimme – mal flüsternd, mal brüchig, immer nah. Es ist kein Lied, das man mitsingt. Es ist eines, das man miterlebt, wie Korz selbst sagt. Die Melodie erinnert an die intimen Momente eines Philipp Poisel, doch die epische Tiefe der Texte ruft unweigerlich Rio Reiser wach. Oder, um es mit Korz’ Worten zu sagen: „Ein Lied, das zeigt, wie aus Verletzlichkeit Stärke wird.“
Und genau das ist es, was seine Musik so einzigartig macht: Sie ist therapeutisch, ohne je therapeutisch zu klingen. Als Künstler mit Tourette-Syndrom nutzt Korz die Bühne seit jeher als Ventil – doch „In dieser Zeit“ ist kein Song der Lautstärke, sondern der Stille. Ein Innehalten. Ein „Ich bleibe hier, auch wenn es mich zerbricht“, das mehr Mut braucht als jeder Aufschrei.
Warum dieser Song jetzt wichtig ist
In einer Zeit, in der Musik oft laut, schnell und oberflächlich sein muss, ist „In dieser Zeit“ ein Akt des Widerstands. Ein Lied über das Bleiben, wenn alles flüchtig wird. Über leere Räume, die plötzlich voller Bedeutung sind. Über die stille Revolution, einfach da zu sein – für sich selbst, für andere, für den Moment.
Korz, der mit 50 seine musikalische Stimme fand und heute eine der ungewöhnlichsten Stimmen der deutschen Szene ist, beweist damit erneut: Kreativität hat kein Verfallsdatum. Und echte Emotionen brauchen keine Maske. „Musik ist meine Sprache – und ich spreche sie in allen Facetten“, sagt er. „Auch in denen, die wehtun.“
Genau das macht „In dieser Zeit“ so berührend: Es ist kein Liebeslied. Es ist ein Lebenslied. Ein Song, der uns daran erinnert, dass das Wichtigste oft das ist, was wir nicht sagen. Und dass manchmal die größte Kraft darin liegt, einfach auszuhalten.
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